Reportage Produktionsprozess Rindfleisch

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Reportage Produktionsprozess Rindfleisch

Es ist noch früh am Mor­gen, als der 15-Ton­ner rück­wärts an die Ram­pe des Rin­der­schlacht­be­triebs her­an­fährt. Zwei­ein­halb Stun­den und 80 Ki­lo­me­ter ha­ben die Mast­bul­len auf dem Vieh­trans­por­ter zwi­schen Bau­ern­hof und Schlacht­be­trieb zu­rück­ge­legt. Der Trans­por­teur mit dem ob­li­ga­to­ri­schen Be­fä­hi­gungs­nach­weis kennt sich mit Rin­dern aus. Er ist selbst auf ei­nem Bau­ern­hof groß ge­wor­den.

Die Fah­rer die­ser Le­bend­vieh­trans­por­te müs­sen ei­nen Be­fä­hi­gungs­nach­weis für den Job ha­ben, sonst dür­fen sie gar nicht la­den. „Die Ruhe ist das Wich­tigs­te“, sagt un­ser Fah­rer beim Ab­la­den der Bul­len vom Hän­ger in den Stall. Ein amt­li­cher Tier­arzt schaut sich beim Ab­la­den je­des ein­zel­ne Tier an und stellt fest, dass alle ge­sund sind. Die klei­ne Her­de läuft zu­nächst in ei­nen Stall, um sich an die neue Um­ge­bung zu ge­wöh­nen. Nach zwei Stun­den be­wegt sich die Rin­der­grup­pe zur Be­täu­bungs­fal­le. Ein­zeln schrei­ten die Tie­re in die Box. Die Tür schließt sich. Das Tier soll ganz ru­hig ste­hen und den Kopf nicht be­we­gen. Dann wird das Rind von ei­nem sach­kun­di­gen Mit­ar­bei­ter mit ei­nem Bol­zen­schuss be­täubt.

Die Fal­le wirft dann das be­wusst- und wahr­neh­mungs­lo­se Tier aus. Ein Mit­ar­bei­ter streicht ihm über die Au­gen. Zeigt es kei­nen Horn­hau­t­re­flex, ist es tief be­täubt, be­vor der Stich mit dem Hohl­mes­ser an­ge­setzt wird. Bis zu die­sem Punkt hat­te die der scho­nen­de und ru­hi­ge Um­gang mit den Tie­ren obers­te Prio­ri­tät.

Da­nach ste­hen Hy­gie­ne- und Ge­sund­heits­as­pek­te im Vor­der­grund, um ein­wand­freie Le­bens­mit­tel mit ho­her Qua­li­tät zu pro­du­zie­ren. Zu­nächst er­fasst eine neu­tra­le In­sti­tu­ti­on die Da­ten der Ohr­mar­ken, die je­des Rind trägt, im Com­pu­ter und kop­pelt sie mit der in­ter­nen Wa­ren­ver­fol­gung. So lässt sich je­des Rind bis zur Ge­burt zu­rück­ver­fol­gen.

Die mit den Fü­ßen auf­ge­häng­ten Schlacht­kör­per wer­den über eine Schie­ne wei­ter­trans­por­tiert. Der Kopf wird ab­ge­trennt. Ar­bei­ter am Band öff­nen nun das Fell  mit ei­nem ge­ziel­ten Schnitt. In meh­re­ren Schrit­ten lö­sen sie die Haut. Die Häu­te sind wert­voll. Sie wer­den in Ger­be­rei­en zu Le­der wei­ter­ver­ar­bei­tet. Der Ma­gen-Darm-Trakt wird hy­gie­nisch ent­fernt, die ro­ten Or­ga­ne, das so­ge­nann­te Ge­schlin­ge wird her­aus­ge­schnit­ten. Eine gro­ße Säge zer­teilt schließ­lich den Schlacht­tier­kör­per in zwei Hälf­ten.

Nächs­ter Schritt. Auf dem Ve­te­ri­när­po­dest un­ter­sucht amt­li­ches Per­so­nal, ob sich das ge­schlach­te­te Rind für den mensch­li­chen Ver­zehr eig­net. Die Ex­per­ten über­prü­fen den Tier­kör­per und alle Or­ga­ne auf Ab­wei­chun­gen. Wird ein Be­fund fest­ge­stellt, wird er von den Be­hör­den­mit­ar­bei­tern elek­tro­nisch er­fasst. Stich­pro­ben­ar­tig wer­den wei­te­re Un­ter­su­chun­gen zum Bei­spiel auf An­ti­bio­tikarück­stän­de durch­ge­führt.

Das Ge­wicht ent­schei­det nicht al­lein, wel­chen Preis der Lie­fe­rant er­hält. Die Gut­ach­ter in­spi­zie­ren die Kör­per­par­ti­en und schau­en nach Ver­fet­tungs­grad, Mus­kel­fül­le und Ka­te­go­rie (zum Bei­spiel Kalb­fleisch, Bul­len­fleisch, Kuh­fleisch) und ent­schei­den, in wel­che Qua­li­täts­stu­fe der Tier­kör­per ein­zu­ord­nen ist. Da­nach wird der Land­wirt be­zahlt.

Mit ei­nem Ge­nus­staug­lich­keits­stem­pel, der auf je­der Schlacht­hälf­te zu fin­den ist be­stä­tigt der amt­li­che Tier­arzt bzw. die Be­hör­de, dass sich das Rind zum mensch­li­chen Ver­zehr eig­net. Dann wird noch ein wei­ßes Eti­kett auf die Hälf­ten ge­klebt. Hier ist al­les Wich­ti­ge über Her­kunft, Ge­wicht und Qua­li­täts­stu­fe ver­merkt, auch die re­le­van­ten Schlacht­da­ten.

Die Rin­der­hälf­ten kom­men nun in den Kühl­raum. Dort wer­den sie von 37 Grad Kör­per­tem­pe­ra­tur auf un­ter sie­ben Grad her­un­ter­ge­kühlt. Sonst kann das Fleisch nicht ver­ar­bei­tet wer­den. An­schlie­ßend wer­den die Hälf­ten ab­ge­vier­telt. Die Hin­ter­tei­le lie­fern die Qua­li­täts­stü­cke, aus de­nen Steaks, Fi­let oder Bra­ten ge­schnit­ten wer­den. Die Vor­der­vier­tel sind bes­tens ge­eig­net zur Pro­duk­ti­on von Hack­fleisch. Zer­le­gung ist an­spruchs­vol­le Hand­ar­beit.

Da­nach wird das Rind­fleisch di­rekt in die Rei­fe­kam­mer ver­bracht oder va­ku­umiert, ver­packt und kühl ge­la­gert. An­ders als Schwei­ne­fleisch muss Rind­fleisch rei­fen. Erst dann eig­net es sich zum Ver­zehr und wird zart und saf­tig. Ha­ben die Stü­cke den op­ti­ma­len Rei­fe­grad er­reicht, kom­men sie in den Ver­sand. Von den Kühl­häu­sern ist es nicht weit zur Ver­la­de­ram­pe. Auch hier wird noch ein­mal kon­trol­liert. Erst wenn fest­steht, dass die Tem­pe­ra­tur des Flei­sches un­ter sie­ben Grad liegt, wird die Ware frei­ge­ge­ben.

Eine aus­ge­klü­gel­te com­pu­ter­ba­sier­te Lo­gis­tik stellt am Ende si­cher, dass die Pro­duk­te auf dem schnells­ten Weg den Kun­den er­rei­chen.